kopfbild-2

... weil du so wertvoll bist

Anmelden IServ

iserv

Förderverein

bmo

Berufliche Orientierung

1

Mensch, was haben wir´s doch bloß gut

Ein Zeitzeuge erzählt

 

13.06.11-zeitzeugegWir, die Klasse 9a der Ludgerus-Schule Vechta führten am 11. Juni 2013 ein langes, interessantes Gespräch mit einem Zeitzeugen des Nationalsozialismus. Hans Meyerink ist heute 85 Jahre alt. Er wurde schon mit 16 Jahren Soldat in der deutschen Wehrmacht.

Wir erfuhren von seinem Leben in der Hitlerjugend, im Krieg, in der Gefangenschaft und der Nachkriegszeit. 

In der HJ erlebte er Kameradschaft, konnte etwas lernen, sie bot ihm sogar die Möglichkeit in einer Spezialausbildung am Rhein den Segelschein zu machen. Besonderen Wert aber wurde auf körperliche Ertüchtigung gelegt.

Mit 16 Jahren wurde er als Soldat eingezogen, eine Möglichkeit, dem Stellungsbefehl nicht nachzukommen, gab es nicht. So wurden Fahnenflüchtige zur Abschreckung am nächsten Baum aufgehängt. Seine Grundausbildung machte er auf der dänischen Insel Fanø. Anschließend war er auf einem Gut an der Oder stationiert.

Hier wurde er mit der Grausamkeit des Krieges konfrontiert: er musste mit einem Pferdewagen Nahrung und Munition an die Front transportieren – und auf dem Rückweg gefallene Soldaten. Bei einem Angriff russischer Bomber konnte er sich mit einem beherzten Sprung von seinem Wagen gerade noch retten, die Pferde wurden dabei getötet.

Herr Meyerink war nur ein dreiviertel Jahr lang Soldat, dann geriet er in den letzten Kriegstagen in russische Gefangenschaft.

Während eines 50 km langen Marsches nach Posen wurde die Gruppe von 3000 Gefangenen angegriffen - vermutlich von deutschen Bombern. Die Überlebenden kämpften mit den Strapazen des Marsches und besonders mit ihrem Hunger. So aßen Gefangene am Straßenrand gefundenes verschimmeltes Brot und bekamen anschließend oft heftige Durchfallerkrankungen.

Es folgte der 4000 km lange Transport nach Sibirien: Vier Wochen mit 90 Gefangenen in einem Eisenbahnabteil eingepfercht, auf Holzpritschen liegend, die tägliche Nahrung bestand aus einem Becher Mehlbrei und einem Becher Wasser.

In dem Gefangenenlager in der Nähe von Swerdlowsk musste Herr Meyerink u.a. im Straßenbau arbeiten und Bahnschienen vom ständig verwehenden hohen Schnee befreien. Es herrschten Temperaturen von bis zu minus 40 Grad . Die Gefangenen machten sich gegenseitig auf mögliche Erfrierungen im Gesicht aufmerksam. Für diejenigen unter ihnen, die an Erfrierungen, an Hunger und Krankheiten, an Erschöpfung und auch an Kummer starben, gab es monatelang nicht einmal ein Grab. Eine Bestattung war erst möglich, wenn der Boden wenigstens oberflächlich angetaut war.

Wir Schüler/innen erfuhren von Lebensumständen, die wir uns kaum vorstellen können: Hirsesuppe und wenig Brot für ein halbes Jahr, danach Sojamehlsuppe und Brot, selten einmal Kohl. Die Unterhaltungen drehten sich fast ausnahmslos ums Essen. Es gab keine Medikamente, einmal im Monat wurde die Kleidung gewaschen. Die Gefangenen litten unter Läusebefall und wurden von Wanzen gebissen - diese Blutsauger wurden scherzhaft als „motorisierte Linsen" bezeichnet. Wenn es etwas Positives gab, dann war es die Kameradschaft, die dort herrschte.

1949 wurde Herr Meyerink auf Veranlassung einer russischen Ärztin aus der Gefangenschaft entlassen und kam zurück in ein unter den Kriegsfolgen leidendes zerstörtes Deutschland. In den Folgejahren konnte er seine im Krieg abgebrochene Ausbildung fortsetzen und endlich so leben, wie es den Jugendlichen im Nachkriegsdeutschland möglich war.

Uns Schülerinnen und Schülern hat das Gespräch mit Herrn Meyerink sehr gut gefallen. Ein Geschichtsbuch kann uns über den Nationalsozialismus und den Ablauf des Krieges informieren - wie das Leben wirklich war, wird wohl nur deutlich, wenn darüber jemand erzählt, der all das erlebt hat.

13.06.11-zeitzeuge2 13.06.11-zeitzeuge1